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Marcel Reich-Ranicki:
Was Marie Luise Kaschnitz zu sagen hat, sagt sie mit Selbstsicherheit, doch ohne Selbstzufriedenheit. Ihre Aufzeichnungen zeugen von Selbstbeherrschung, sind jedoch frei von Selbststilisierung. Die Selbstdarstellung ist streng und freimütig, doch ohne Selbstentblößung. Geschmack und Taktgefühl haben diese Schriftstellerin nie im Stich gelassen.
 Horst Bienek:
Marie Luise Kaschnitz gilt in Deutschland als eine Dichterin, der es auf eigenwillige Weise gelungen ist, das Klassische mit dem Modernen zu verbinden. Das macht wohl auch ihre Resonanz und Beliebtheit bei den Älteren wie bei der jungen Generation aus. Es ist nicht nur der kühle, sachliche und dabei metaphernreiche Ton im klassischen Versmaß, es ist nicht nur die moderne Thematik in einer sprachlich geläuterten Form, es ist wohl ihre ganze geistige und künstlerische Existenz, die den beiden geographischen Polen Rom und Frankfurt verbunden ist. (1961)
 
 
 
| Peter Härtling:
 
...
Sie ist niein meinem Garten
 gewesen.
 Wenn wir
 von ihm sprachen,
 war es der Ihre:
 sie pflanzte den
 kleinen
 japanischen Ahorn,
 entließ den Gingko
 aus seinem Gedicht,
 erfand Spiele
 für die Kinder.
 
Sie sagte:Noch immer
 habe ich
 Ihren Garten
 nicht gesehn,
 doch
 ich erinnere mich an ihn.
 
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|  | Karl Krolow:
 
Marie Luise KaschnitzAngstlos - steht noch dahin,
 doch ohne Furcht, furchtlose Wörter
 beim Wort zu nehmen,
 ihre Gedichte, überallnie geschrieben
 zwischen Rom und Frankfurt,
 ihrem badischen Dorf
 mit den Jahreszeiten im Breisgau -
 Bienenwolke um den Turm der Linden.
 Eine mutige Schwimmerin
 im Mittelmeer, im englischen Kanal.
 Die Herkunft lebte fort
 In ihrer Tapferkeit:
 Halte nicht ein
 bei der Schmerzgrenze.
 Ein Tod in Rom
 und so zu überleben:
 Würde hat eine andere Zeit!
 
 |  Heinrich Vormweg:
Ich hatte mir lange vorher ein Bild gemacht, das Bild einer älteren Dame, die bei betonter Modernität ihrer literarischen Hervorbringungen dieser Gegenwart schon nicht mehr so recht angehörte, dafür von Adel und humanistisch gebildet war... Jetzt, mit Marie Luise Kaschnitz am selben Tisch sitzend, erfuhr ich, daß dieses Bild zwar einiges mit ihrem Image zu tun hatte, doch nichts mit ihr selbst... Sie war eine stimulierende Zuhörerin, wach, aufmerksam, gefesselt von Neuem. Sie sprach wenig, und immer nur aufs Thema zu, ohne das geringste Bedürfnis zur Selbstdarstellung... Sie war vorurteilslos offen, ja lernbegierig. Noch als Siebzigjährige. Und es minderte nicht, sondern bestätigte ihre eigenartige Autorität.
 Hermann Kesten:
Marie Luise Kaschnitz hat das literarische Glück, dass sie von Buch zu Buch wächst. Die Reife bekommt ihr, weil sie Kunstverstand hat. Sie ist eine denkende Dichterin und kommentiert in ihren essayistischen Büchern sich und ihre Werke und ihre Welt mit Scharfsinn.
 
 
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